Die sogenannten „Balkonkraftwerke“ liegen groß im Trend. Doch was brauche ich für so ein Balkonkraftwerk eigentlich? Welche Bürokratie muss ich über mich ergehen lassen? Das und vieles mehr möchte ich für euch in diesem Blogartikel zusammenfassen.
Der Begriff “Balkonkraftwerk”
Für alle, welche mit dem Begriff pauschal nichts anfangen können, denn widme ich diesen ersten Abschnitt meines Artikels.
Sofern man von einem Balkonkraftwerk spricht, meint man eigentlich eine Solaranlage, welche auf einem Dach, stationär im Garten oder auch an einen Balkon montiert werden kann. Der erzeugte Strom geht dabei nicht in einen Akku, sondern direkt in das Stromnetz deines Wohngebäudes. Der Anschluss erfolgt dabei entweder direkt über den bekannten Schukostecker (so ein Stecker, welche haushaltsübliche Geräte haben) oder über eine spezielle Einspeisesteckdose mit dem Wieland-Stecker. Der Hauptverwendungszweck besteht darin, die Grundlast des Stromverbrauchs zu reduzieren.
Was ist zu beachten? Welche Einschränkungen gibt es?
So ein Balkonkraftwerk kann nicht ins Unendliche skaliert werden. Für Deutschland ist eine maximale Leistung von 600W (Stand 25.01.23) vorgegeben bzw. es darf nicht mehr als diese 600W in das Stromnetz des Wohngebäudes eingespeist werden. Das liegt unter anderem an der handelsüblichen Sicherungen in Wohngebäuden.
Wichtig zu wissen: Die Solarpaneele können auch eine Leistung von mehr als 600W aufweisen, solange der Netzwechselrichter dies verkraftet. Dies ist in vielen Fällen sehr sinnvoll, da die angegebenen Leistungswerte eines Solarpanels oft nicht erreicht werden und bei weniger Tageslicht hat man durch mehr Systemleistung auch etwas mehr Ertrag. Achtet unbedingt auf die Spannung bzw. die Stromstärke der Panels und informiert euch über die Werte eures Netzwechselrichters.
Gegen Aussage vieler kann das Balkonkraftwerk entweder mit dem Schukostecker oder mit dem Wieland-Stecker betrieben werden. Es besteht keine Pflicht für eine Einspeisesteckdose mit Wieland-Stecker. Diese zu installieren, ist auch sehr teuer.
Steckertypen: SchuKo vs. Wieland
Was sind denn nun die Vor- bzw. Nachteile der Steckerarten?
Schuko:
Der Schuko („Schutzkontaktstecker“) findet sich so gut wie an jedem elektronischen Gerät. Dementsprechend findet sich hier auch schon der erste Vorteil. Die Infrastruktur für einen Schukostecker ist bereits gegeben. Er kann in jede Steckdose gesteckt werden und sowohl Strom aus dem Netz ziehen als auch einspeisen.
Der Nachteil eines Schukosteckers liegt in der geringeren Sicherheit im Vergleich zum Wieland-Stecker. Der Schukostecker besitzt äußere Kontakte, welche theoretisch dazu führen können, einen elektrischen Schlag zu bekommen. In der Praxis schaltet der Wechselrichter in Millisekunden Bereich den Strom ab und es passiert nichts.
Wieland
Der Wieland-Stecker gilt als sicherer Stecker für das Einspeisen in das Hausnetz. Dieser besitzt keine außenliegenden z. B. Kontakte, was die Gefahr eines Lichtbogens minimiert. Für diese Steckerart muss allerdings eine meist teure Einspeise-Steckdose von einer Elektrofachkraft installiert werden.
Abschluss
Es ist also jedem selbst überlassen, für welche Variante man sich hier entscheidet. Mein Balkonkraftwerk läuft ohne Probleme mit dem Schukostecker. Die meisten Wechselrichter können mit beiden Anschlüssen funktionieren.
Was benötige ich für mein Balkonkraftwerk?
Anmeldung beim Netzbetreiber
Zuerst solltet ihr die Anlage beim Netzbetreiber anmelden. Im Fall meines Netzbetreibers in Hamburg gab es dazu ein vorgefertigtes Formular. In diesem muss man unter anderem beschreiben, wie viel Leistung die Anlage hat und wann man vorhat diese in Betrieb zu nehmen. In meinem Fall musste ich auch nachweisen, dass ich die Anlage im Marktstammdatenregister registriert habe. Daraufhin wird sich der Netzbetreiber eventuell mit weiteren Fragen und den nächsten Schritten bei euch melden.
Zählertausch
Möchtest du ein Balkonkraftwerk betreiben, benötigst du einen Stromzähler, welcher nicht rückwärts laufen kann (Stand: 25.01.23). Solltest du noch einen alten Zähler mit einer drehenden Schreibe haben, muss dieser durch einen aktuellen 2-Phasen Zähler getauscht werden.
Dazu musst du bei deinem Messstellenbetreiber einen Eintrag für einen Zählertausch ausfüllen. Abhängig vom Bundesland kann der Zähler kostenfrei, eine monatliche Gebühr oder eine Einmalzahlung kosten. Bitte informiere dich individuell über die aktuellen Kosten.
Dein 2-Phasen Zähler kann nun zählen, wie viel Strom aus dem Netz entnommen und wie viel eingespeist wurde.
Bitte beachten: Der Strom, welches ins öffentliche Netz eingespeist wird, wird nicht vergütet!
Registrierung im Marktstammdatenregister
Jede PV-Anlage sollte im Marktstammdatenregister registriert werden. Bitte besuche dafür folgende Seite und registriere dein Balkonkraftwerk.
www.marktstammdatenregister.de
Komponenten
Solarpanele
Logischerweise benötigen wir für den Betrieb Solarpaneele. Bei der Auswahl der Paneele gibt es einiges zu beachten. Zuerst sollte man sich überlegen, wie viel Geld man für die Paneele ausgeben möchte und wie effektiv das System nachher agieren soll. Grundsätzlich gibt es bei der Auswahl der Paneele erstmal ein paar Punkte zu beachten.
Zuerst sollte man sich überlegen, wie viel Platz für die Solarpaneele auf dem Balkon oder Dach überhaupt sind. Je mehr Leistung ein Modul hat, desto größer sind diese meist auch. Wenn du den entsprechenden Platz hast, würde ich dir raten zu Modulen mit mehr als gesamt 600W Leistung zu tendieren.
Die Leistung der Panels ist aber nicht alles. Den die Ausbeute wird durch einen Parameter entscheidend beeinflusst, die Umwandlungsrate. Vielleicht sind euch schon mal Zahlen wie ~20 % in Zusammenhang mit Solarpaneelen aufgefallen. Dies beschreibt die Umwandlungsrate von dem Umgebungslicht in elektrischen Strom. Man kann davon ausgehen, dass je höher dieser Wert ist, desto eher können die Panels bei schlechteren, dunkleren Tagen noch einen Ertrag liefern. Kleinere Panels haben meist eine Umwandlungsrate von 22 % – 24 %, größere Module ab circa 21 %. Alles, was weit unter diesen Werten liegt, würde ich nicht kaufen.
Der Netzwechselrichter
Um den Strom von den Solarpaneelen in das Stromnetz eures Wohngebäudes einzuspeisen, bedarf es eines Netzwechselrichters. Dieser wandelt die eingehende Gleichspannung der Solarpaneele in für die Haushaltsgeräte nutzbaren Wechselstrom um. Auch hier gibt es einige kleine Kniffe, die euch bekannt sein sollten.
Wie bei jedem „Laderegler“ gibt es auch für die Netzwechselrichter die Wahl zwischen MPPT (Maximum-Power-Point-Tracking) und PWM (Pulsweitenmodulation). Beide Arten der Spannungsregulierung haben ihre Vor- und Nachteile. PWM ist sehr kostengünstig und liefert bei geringer Sonneneinstrahlung oft bessere Werte als der MPPT Modus. Dieser ist deutlich treuerer, kann seine Vorteile aber deutlich bei guten Lichtverhältnissen ausnutzen. An einem guten Tag rechnet man ungefähr mit 30 % mehr Ertrag gegenüber zu PWM. Viele MPPT Modelle bieten euch ~95 % Effektivität. Für mich war das ein Grund, auf den MPPT Modus zu setzen.
Doch es geht auch Strom beim Umwandeln von Gleichstrom (DC) in Wechselstrom (AC) verloren. Auf dem Datenblatt für deinen Netzwechselrichter sollte sich ein entsprechender Wert hierfür finden. Gängig sind Werte ~90 %.
Bei der Auswahl des Netzwechselrichter muss unbedingt darauf geachtet werden, welche Spannung bzw. Stromstärke anliegen darf! Bei dem Abgleich mit den Werten eurer Solarpaneele müsst ihr der Spannung ca. 10 % rauf rechnen. Die angegebene Spannung der Panels wird immer bei 25C° gemessen. Ist es ein sonniger, aber kalter Tag, kann die Spannung höher ausfällen. Die Spannung der Panels darf auf keinen Fall die Werte des Netzwechselrichters überschreiten.
Kabel und Kleinzubehör
Je nachdem, wie euer Aufbau ist, werden unter anderem MC4-Verlängerungskabel benötigt, um die Paneele mit dem Netzwechselrichter zu verbinden. Um den Netzwechselrichter mit eurem Stromnetz zu koppeln, wird außerdem das entsprechende Kabel für eure präferierte Steckdose benötigt (3 Adern zu Schuko/Wieland). Je nach Netzwechselrichters können zusätzliche Sicherungen bzw. Trennschalter erforderlich sein.
Balkonkraftwerk-Set vs. Selbsbau
Im Internet gibt es eine Flut an fertigen Sets für ein Balkonkraftwerk. Selbst Discounter bieten inzwischen Sets aus Solarpaneelen, Wechselrichter und nötige Kabel. Alternativ hat man die Wahl, die Komponenten auch selbst zu kombinieren.
Wann ich auf ein Set setzen würde:
Die angebotenen Sets sind primär eines. Preis-Leistung orientiert. Der Markt ist recht hart umkämpft. Aus dem Grund werden die Sets immer so zusammengestellt, dass man in einem bestimmten Preisbereich bleibt. Klare Vorteile hier sind aufeinander abgestimmte Komponenten, sowie günstigerer Gesamtpreis.
Wann würde ich auf eine eigene Zusammenstellung setzen:
Die eigene Zusammenstellung benötigt etwas Kenntnisse. Meiner Meinung nach lohnt es sich aber vor dem Kauf eines Balkonkraftwerkes, sich etwas mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wie ich bereits schrieb, sind Sets so ausgelegt, einen bestimmten Zielpreis zu erreichen. Das ist mit Kompromissen verbunden, da immer an einer der Komponenten gespart wird. Ich habe mir viele Sets angeschaut. Entweder waren die Solarpaneele wirklich unterirdisch effektiv oder der Netzwechselrichter war extrem einfach gehalten. Die Dinge einzeln zu kaufen ist unter Umständen mit Preisvergleichen und besseren Komponenten sogar billiger.
Aufbau
Wie funktioniert die Verkabelung eines Balkonkraftwerkes?
Mehrere Solarpaneele untereinander verbinden
Solltet ihr vorhaben mehrere Solarpaneele an den Netzwechselrichter anzuschließen, müssen diese Paneele in einem Verbund zusammengeschaltet werden (ausgenommen der Netzwechselrichter besitzt 2 oder mehr Direktanschlüsse). Grundsätzlich habt ihr zwei Möglichkeiten, die Solarpaneele miteinander zu verbinden. Entweder in einer Reihenschaltung oder in einer Parallelschaltung.
Die Reihenschaltung
Bei der Reihenschaltung werden die Solarpaneele hintereinander verschaltet. Jedes Solarpanel besitzt einen Plus Pohl und einen Minus Pohl (meist in Form eines MC4 Male und Female Steckers). In der Reihenschaltung wird der Plus Pohl von Solarpaneel 1 mit dem Minus Pohl von Solarpaneel 2 verbunden usw. Am Ende bleibt von Solarpanel 1 der Minus Pohl über und vom letzten Solarpanel (hier „Solarpaneel 2“) ein Plus Pohl über. Dieses wird dann ganz einfach an den ausgeschalteten Netzwechselrichter angeschlossen. Als Kabelquerschnitt habe ich bei mir 6mm² im Einsatz.
Bei der Reihenschaltung addieren sich sich Spannungen der Solarpanels zusammen. Wenn Solarpanel 1 und 2 also jeweils eine Spannung von 30V haben, liegen am Netzwechselrichter mindestens 60V bei voller Last an. PS: Denke an die 10% Regel!
Die Parallelschaltung
Die Parallelschaltung unterscheidet sich in vielen Dingen zur Reihenschaltung. Zuerst benötigen wir hier noch zusätzliche Verkabelung. Ein sogenanntes MC4 Y-Stück. Hier werden die Panels nicht direkt untereinander verbunden, sondern quasi unabhängig direkt an den Netzwechselrichter angeschlossen. Diese Y-Stücke oder auch MC4 Weichen genannt, machen aus den zwei gleichen Pohlen jeweils einen einzelnen. Man schließt also bei zwei Solarpaneelen die zwei Plus Pohle mit einem Y-Stück zusammen und die 2 Minus Pohle mit einem Y-Stück zusammen. Entsprechend haben wir dann wieder einen Plus und einen Minus Pohl, welcher an den Netzwechselrichter angeschlossen werden kann.
Im Gegensatz zur Reihenschaltung addieren sich hier die Stromstärken. Die Spannung von 30V pro Solarpanel sind dann also auch 30V am Netzwechselrichter. Sofern ein Panel 10A Stromstärke aufweist, liegen nun 20A an. Da die Spannung geringer ist als bei der Reihenschaltung, sind unter Umständen dickere Kabel nötig über längere Distanzen. Ansonsten kann es zu einem zu starken Spannungsabfall führen.
Sicherungen
Abhängig von dem Modell deines Netzwechselrichters empfiehlt es sich zwischen Wechselrichter und Solarpaneelen bzw. zwischen Stromnetz und Wechselrichtung eine geeignete Sicherung einzubauen. Es ist außerdem Pflicht, ein Trennschalter in die Verkabelung zwischen Stromnetz und Solarpaneelen zu integrieren. Das hat ganz einfach den Hintergrund, dass man bei evtl. Fehlern den Stromfluss unterbrechen kann. Manche der Netzwechselrichter haben so einen Schalter bereits integriert.
Ready-To-Go
Euer Balkonkraft ist verkabelt. Es kann losgehen! Bitte achtet bei der Inbetriebnahme darauf, sämtliche Verbindungen herzustellen, bevor ihr den Trennschalter umlegt. Solarpanels an den Netzwechselrichter, Stecker des Netzwechselrichter einstecken und danach erst den Trennschalter umlegen. Nun fliest saubere Energie direkt in eurer Wohngebäudenetz.
Welche Komponenten habe ich für meinen Aufbau genutzt?
Solarpaneele:
EPP 400 Watt Full Black: siehe hier
Netzwechselrichter:
Growatt 600TL-X: siehe hier
Aluprofile zur Aufständerung
Set zur Selbstmontage: siehe hier
FAQ: Die am meisten gestellten Fragen zu Balkonkraftwerken
Produziert ein Balkonkraftwerk auch bei Stromausfall Strom?
- Nein, da sich der Netzwechselrichter mit dem Stromnetz synchronisieren muss, kann bei einem Stromausfall (Netz nicht verfügbar) kein Strom in das Hausnetz eingespeist werden. Dies ist eine Schutzeinrichtung des Netzwechselrichters, da der gleiche Fall eintritt, wenn man den Stecker des Balkonkraftwerkes aus der Steckdose ziehen würde.
Was passiert, wenn mehr Strom produziert als verbraucht wird?
- Der Strom fließt direkt ins Hausnetz. Gibt es dort keine oder nicht ausreichende Abnehmer für den Strom, dann fließt dieser in das öffentliche Stromnetz über.
Wie kann ich sehen, wie viel Strom das Balkonkraftwerk produziert?
- Entweder bietet der Netzwechselrichter eine entsprechende Funktion zu Überwachung der Anlage oder man rüstet sich mit einem Wifi-Schukoadapter aus, welche den eingespeisten Strom protokolliert.
Kann ich mein Balkonkraftwerk selbst montieren?
Ja, das ist kein Problem. Du benötigst kein spezielles Werkzeug und offiziell auch keine Unterstützung eines Elektrikers. Es schadet aber nicht, sich etwas mit Basics des elektrischen Stroms auszukennen.
Ende
Ich hoffe dir konnte dieser Beitrag etwas helfen, deine Fragen zu Balkonkraftwerken zu beantworten. Wenn du Fragen hast, welche nicht in diesem Artikel behandelt werden, dann schreibe mir doch gerne eine Mail! Du erreichst mich unter info[at]selfmadestrom.de.
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